Einige Studien haben bereits die Macht von Musik auf unser Gehirn hervorgehoben. Diese zeigte sich insbesondere auf die Entwicklung der sensomotorischen Areale, was zu einer höheren sensomotorischen Kontrolle bei Musizierenden führt. Gleichzeitig scheint diese Population besonders anfällig für muskuloskelettale Erkrankungen (engl. musculoskeletal disorders, MSD) zu sein. Statistisch gesehen weisen sie weltweit eine Lebenszeitprävalenz von Verletzungen bis zu 93% auf, was schliesslich zu einem Anliegen aller Musizierenden führt.
Frühe Prävention scheint eine Schlüsselrolle in der Reduktion von MSD zu spielen. Verglichen mit gleichaltrigen Studierenden leiden bereits junge Musikstudenten unter körperlichen oder manchmal auch psychischen Erkrankungen.
Nur ein paar Studien mit niedriger Qualität untersuchten bisher Präventionsprogramme für Musizierende. Sie alle beinhalteten verschiedene Themen wie Anatomie, Physiologie, Körperhaltung, Übungsroutine oder sogar den Umgang mit Leistung.
Mit dem Vergleich eines biopsychosozialen Präventionsprogramms mit der Förderung der allgemeinen körperlichen Aktivität versuchte diese gegenwärtige RCT Wissen aufzubauen, was die besten und effektivsten Methoden sind, um MSD bei Musikstudierenden vorzubeugen.
Gemäss der Autoren gab es zwischen beiden Präventionsgruppen keine signifikanten Unterschiede im Hinblick auf die Reduktion von Einschränkungen durch MSD.
In dieser multizentrischen RCT wurden 170 Musikstudenten randomisiert entweder der Interventionsgruppe oder der Kontrollgruppe zugewiesen. In der Interventionsgruppe wurde ein, auf Musikstudenten zugeschnittener, biopsychosozialer Kurs angeboten. Dieser beinhaltete Unterricht über Anatomie, Physiologie, Körperhaltung, Mittel zur Bewältigung von Stress und Überforderung, allgemeine Gesundheit (z.B. körperliche Aktivität und Ernährung) und Umgang mit Schmerz. Motivation, Bewusstsein, sowie Umsetzungsinstrumente wurden ihnen basierend auf dem I-Change Modell ebenfalls vermittelt. Mit einer Gesamtzeit von achtzehn Stunden und elf Sitzungen mit jeweils max. acht Teilnehmenden fand der Kurs über ein ganzes akademisches Jahr statt.
In der Kontrollgruppe bestand der Unterricht aus einer allgemeinen Aufklärung und Empfehlungen zur körperlichen Aktivität. Diese beinhalteten die Überwachung der täglichen körperlichen Aktivität mit der Anweisung 10’000 Schritte pro Tag zu gehen. Letzteres wird von den internationalen Richtlinien für körperliche Aktivität für die allgemeine Bevölkerung empfohlen. Obschon sie sich ebenfalls Ziele für die körperliche Aktivität setzen mussten, wurden keine Versuche unternommen, eine langfristige Verhaltensänderungen herbeizuführen. Das Programm wurde in fünf Klassen mit einer Gesamtinvestitionszeit von achtzehn Stunden unterteilt, wobei die Teilnehmenden in ihrer Freizeit üben mussten. Die maximale Gruppengrösse pro Kurs war auf 16 Teilnehmende limitiert.
Die wichtigsten Ergebnismessungen in dieser Studie waren die Einschränkungen (bewertet durch den "Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand (DASH) questionnaire"), der "Pain and Disability Index", der "Short-Form 36 (SF-36, für Lebensqualität)" und ein auf das Ziel dieser Studie zugeschnittener Fragebogen zur Veränderung des Gesundheitsverhaltens. Zusätzlich wurden ebenfalls noch andere Variablen untersucht (Essgewohnheiten, Depressionen, Stress und Angst, Perfektionismus). Für die Erfassung der demografischen Daten wurden zu Studienbeginn soziodemografische, spielbezogene, allgemeine Gesundheits- und persönliche Variablen erhoben. Die Gesamtdauer des Follow-up betrug zwei Jahre.
Die Ergebnisse zeigten in beiden Gruppen einen deutlichen Rückgang der spielbezogenen Einschränkungen und des Auftretens von MSD im Laufe der Zeit, dies sogar bis zu zwei Jahren nach Studienbeginn. Es gab jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen, so dass zur Reduzierung von MSD ein biopsychosoziales Präventionsprogramm, das sich speziell an Musizierende richtet, der allgemeinen Förderung körperlicher Aktivität nicht überlegen scheint.
Diese Ergebnisse sind jedoch weiterhin mit Vorsicht zu interpretieren, da bei dem Follow-up eine beträchtliche Anzahl von Teilnehmenden verloren gegangen ist.
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Expert opinion
Several reasons are brought by the authors to explain why the biopsychosocial approach does not appear superior to physical activity promotion. One of them is, that both interventions may be effective and that physical activity as a general and standard recommendation may in itself represent a prevention tool available to musicians.
One of the key words found throughout this study is definitely the notion of awareness: through this study, the participants have been made aware of the importance of being in good health and of physical activity as a tool in favour of their health in general and their health as musicians.