
Bewegung verbessert die kognitive Funktion bei Alzheimer
- Bessere Kognition nach dem Trainingsprogramm
- Ein 30-minütiges Training dreimal pro Woche scheint ausreichend zu sein
- Die klinische Relevanz bleibt dennoch unklar
Ältere Menschen mit Alzheimer verbessern ihre kognitiven Fähigkeiten, wenn sie sich regelmässig moderat intensiv bewegen. Eine Häufigkeit von dreimal wöchentlich für nur dreissig Minuten scheint ausreichend zu sein, wobei jedoch v.a. die konsequente Durchführung der Trainingsroutine entscheidend ist. Zu diesem Schluss kamen chinesische Forschende, die eine Meta-Analyse mit dreizehn Interventionsstudien durchgeführt haben, darunter 673 ältere Menschen mit Alzheimer-Krankheit.
Kognition
Die 342 älteren Menschen mit Alzheimer, die an einem Übungsprogramm teilnahmen, zeigten eine bessere kognitive Funktion als die 331 älteren Menschen, die nicht regelmäßig körperlich aktiv waren. Nach dem Programm erzielten die älteren Teilnehmenden im Durchschnitt 1,12 Punkte bessere Resultate im Mini-Mental-Status-Test (MMST, siehe Bild) im Vergleich zur nicht-aktiven Kontrollgruppe. Der Ausgangswert der älteren Personen (Durchschnittsalter 73,5 Jahre) lag bei 20,9.
Trainingsparameter
Ein mässig intensives Programm mit einer Frequenz von dreimal wöchentlich mit maximal 30 Minuten scheint ausreichend zu sein, um die Kognition zu verbessern. Häufigeres und längeres Training scheint keinen zusätzlichen Wert zu haben und kann sogar zu schlechteren Ergebnissen führen. Die Forschenden kamen nach einer Analyse der Untergruppen zu diesem Schluss. Sie raten aber, diese Empfehlung durch weitere Untersuchungen zu bestätigen.
Persistenz
Es ist sinnvoll einen aktiven Lebensstil über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten. Ältere Personen, die mehr als 16 Wochen trainiert haben, erzielen mehr Verbesserungen als ältere Teilnehmende, die an einem kürzeren Trainingsprogramm teilgenommen haben. Es war unklar, wie lange genau sie von der verbesserten Kognition profitierten, da fast alle Studien keine Follow-Up-Daten hatten.
Klinische Relevanz
Obwohl aktive ältere Menschen beim MMST im Durchschnitt 1,12 Punkte mehr erreichten, machen die Forschenden keine Aussage über die klinische Relevanz dieses Unterschieds. Der minimale klinisch wichtige Unterschied des MMST bleibt daher immer noch unklar (siehe Bild). Eine kürzlich durchgeführte Studie von Andrew et al. suggeriert aber, dass eine Veränderung von ein bis drei Punkten für die betreffende Person oder Personen in ihrer näheren Umgebung spürbar ist.
Weitere Forschung
Häufiger als dreimal pro Woche und länger als dreißig Minuten zu trainieren, scheint unnötig zu sein. Die minimale Trainingsdosis zur Verbesserung der Kognition bleibt aber immer noch unklar. Die Forschenden empfehlen daher klare Kriterien zur Beschreibung der Intensität, Häufigkeit und Dauer der Übungen, festzulegen.
Mini-Mental-Status-Test (MMST)
Der Mini-Mental-Status-Test (MMST) ist ein Screening-Instrument für den Schweregrad von kognitiven Störungen bei älteren Menschen. Der Test bewertet folgende kognitive Funktionen: Orientierung in Zeit und Raum, Konzentration, Gedächtnis, Rechnen, Sprache, Praxis und visuelle Einsicht. Die Punktzahl reicht von 0-30. Eine niedrige Punktzahl bei MMST entspricht einem niedrigen kognitiven Niveau. Eine Punktzahl von weniger als 24 (von 30) wird normalerweise als anormal angesehen.
Minimaler klinisch bedeutsamer Unterschied (engl. minimal clinically important difference, MCID)
Der Unterschied, der für den Patienten im Alltag tatsächlich spürbar ist.
Expert opinion by Hans Drenth
Immer mehr Studien zeigen, dass sich Bewegung nicht nur auf die körperliche Funktion, sondern auch auf unser Gehirn positiv auswirkt. Deshalb halten wir als PhysiotherapeutInnen eine wunderbare, vielversprechende Intervention in der Hand, die dazu beiträgt, die Kognition älterer und dementer Menschen zu erhalten und möglicherweise zu verbessern. Darüber hinaus ist das Training ein günstiges Medikament, ohne gefährliche Nebenwirkungen!
In der täglichen Praxis bedeutet dies für uns, dass wir Bewegungsaktivitäten für Menschen mit Demenz anbieten sollten. Um die körperliche Funktion zu erhalten, ist tägliche Bewegung wichtig. Für die Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten ist Bewegung laut dieser Studie mindestens dreimal pro Woche notwendig. Es sind aber dennoch weitere Untersuchungen zur Intensität, Häufigkeit und Dauer des Bewegungsprogramms erforderlich. Die Bewegung muss aber aufrechterhalten werden, ob unter Aufsicht oder nicht. Nutz oder verlier es!
Wenn Sie in einem Pflegeheim arbeiten: Wie ist die Bewegungspolitik und wird auf eine ausreichend intensive Form von Bewegung resp. Training geachtet? Sind Sie als Physiotherapeutin oder Physiotherapeut noch in irgendeiner Weise in die Betreuung von Menschen mit Demenz eingebunden? Wenn Sie in einer Privatpraxis arbeiten: Gibt es Möglichkeiten, spezielle Bewegungsprogramme für Menschen mit Demenz aufzustellen? Versuchen Sie diese mit lokalen Institutionen wie z.B. einer Tagesbetreuung zu kombinieren. Oder prüfen Sie, ob Sie mit der geriatrischen Abteilung des nächsten Pflegeheims zusammenarbeiten können.
Die Studie zeigt wieder einmal, dass Bewegung und Training den Krankheitsprozess der Demenz beeinflussen, also legen wir los!
> Von: Jia et al., BMC Geriatr 19 (2019) 181. Alle Rechte vorbehalten: The Author(s). Hier klicken für die Pubmed-Zusammenfassung. Übersetzung von Stephanie Gass.
